Theater und Oper im Hans-Sachs-Haus
5. Teil:
|
|
Theater im Hans-Sachs-Haus-Saal |
Der Theaterneubau nebenan |
Die Schwierigkeiten bei der Bespielung des Hans-Sachs-Hauses wuchsen in dieser Spielzeit erneut. Im Oktober 1957 begann man mit dem Erweiterungsbau, der das ursprünglich u-förmige Gebäude nach Westen (Dreikronenstraße) abschloss. Die Baracke im Hof des Hans-Sachs-Hauses, die bis dahin als Ausstattungsmagazin für das Theaters benutzt worden war, musste für die Baustelle Platz machen. Täglich benötigte Podeste, Treppen und Bühnenbilder wurden zunächst im kleinen Saal des Hans-Sachs-Hauses, später in weiter entfernten Lagerhäusern untergebracht, was zusätzliche Transporte und Mehrkosten verursachte. Gesteigert wurden die Transport- und Logistikprobleme noch durch die Tatsache, dass mehrere musikalische Werke in der Schauburg einstudiert werden mussten, da der Saal des Hans-Sachs-Hauses in dieser Spielzeit stärker als vorher mit sonstigen Veranstaltungen belegt war. Die letzte Spielzeit 1957/58 der Städtischen Bühnen unter Generalintendant Gustav Deharde, der danach wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand trat, wurde mit einer Aufführung von Beethovens einziger Oper "Fidelio" eröffnet. Die musikalische Leitung hatte Dr. Ljubomir Romansky. Unter dem Titel "Das Hohelied der Gattenliebe" schrieb Dr. Josef Schwermann in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" :
Im Januar 1958 entschied sich die Kommission zur Auswahl des neuen Intendanten der Städtischen Bühnen einstimmig für den 54 Jahre alten Wuppertaler Oberspielleiter Hans Hinrich. Hinrich war als Schauspieler und Regisseur in Minden, Bochum und Duisburg tätig gewesen. Über die Hamburger Kammerspiele, das Deutsche Volkstheater in Wien und die Volksbühne Berlin war er zur Berliner Staatsoper gekommen. Nach Film-, Funk- und Bühnentätigkeit in Wien, München und Italien war er 1955 ganz zum Sprechtheater zurückgekehrt und Oberspielleiter in Wuppertal geworden. Bereits im März unterzeichnete der neue Generalintendant einen Drei-Jahres-Vertrag, der sich automatisch um jeweils zwei Spielzeiten verlängern sollte. Der Gelsenkirchener Öffentlichkeit stellte sich Hinrich auf einer Pressekonferenz im Juni vor. Er erläuterte dabei den Spielplan für die Spielzeit 1958/59 und machte grundsätzliche Bemerkungen über seine künstlerischen Absichten. Dabei formulierte er drei Grundsätze: "Das Bestreben nach dem, was man "Auseinandersetzung" nennen könnte, das Moment der Verzauberung, ohne das kein Theater leben könne, und das Bemühen, dem reinen Unterhaltungsbedürfnis sein Recht werden zu lassen".
|
Mittlerweile gingen die Betonarbeiten am Theaterneubau stetig voran. Im August 1957 wurden die ersten Betonverschalungen entfernt und die künftige Gestalt des großen Baukörpers ließ sich erahnen.
Das Preisgericht zur Auswahl der Künstler für die Ausgestaltung des Theaterneubaues unter dem Vorsitz von Prof. Max Burchartz hatte in der Zwischenzeit seine Arbeit aufgenommen. Insbesondere durch die Kontakte des Architekten Werner Ruhnau konnten - wie er in seinem Buch "Baukunst. Das Theater in Gelsenkirchen" von 1992 beschreibt - namhafte Künstler für die künstlerische Ausgestaltung gewonnen werden. Am 2. Dezember 1957 wurden die Vorschläge der Jury dem Haupt- und Finanzausschuss unterbreitet. Nach eingehender Besprechung beschloss man, folgende fünf Arbeiten, für die sich die Jury entschieden hatte, ausführen zu lassen: Künstlerische Gestaltung der Außenwand der Kassenhalle (Robert Adams, London), Gestaltung der Außenwand des kleinen Hauses und Freiplastik davor (Norbert Kricke, Düsseldorf), Gestaltung der Rundwand des Zuschauerraumes zum Foyer hin (Prof. Paul Dierkes, Berlin) und Gestaltung der Seiten- und Stirnwände des Foyers (Ives Klein, Paris). Auf einer Pressekonferenz vier Tage nach der Entscheidung erläuterte Ruhnau seine Gedanken über die Gesamtkonzeption des Theaterneubaues. Dabei begründete er ausführlich die Entscheidung der Jury im Wettbewerb um die künstlerische Ausgestaltung des Theaters. Er wandte sich dabei vor allem gegen die "Übung, erst kurz vor Vollendung eines Baues einige Wände einfärben und Plastiken aufstellen zu lassen" und das dann als "Mitwirkung der bildenden Künste" zu bezeichnen, und begrüßte es, dass es beim Neubau des Theaters in Gelsenkirchen seines Wissens zum ersten Male in Europa in einem so frühen Stadium zu einer Zusammenarbeit zwischen dem Architekten und den Künstlern gekommen sei. Ebenfalls auf Veranlassung von Ruhnau wurden nach Beendigung des Wettbewerbs noch zwei Reliefs für das Foyer des Kleinen Hauses bei Jean Tinguely in Auftrag gegeben, die aus Spenden finanziert wurden.
Ende Mai 1958 fielen am Neubau die letzten Außenverschalungen und die meisten Gerüste, so dass der Theaterneubau jetzt sein eigentliches Gesicht zeigte. |
nächster Teil >> |