Vorgeschichte des Hans-Sachs-Hauses
Gelsenkirchen war kurz nach dem Ersten Weltkrieg eine aufstrebende Großstadt. Bergwerke und Industrieansiedlungen zeugten von wirtschaftlicher Bedeutung. Der wirtschaftliche Aufschwung schaffte aber auch Probleme. Zum einen fehlten bis zu 7.500 Wohnungen für die vielen zuziehenden Arbeitskräfte, zum anderen bestand ein Mangel an Büroräumen sowohl für die heimische Industrie als auch für die städtische Verwaltung, der immer neue Aufgaben vom Staat zugewiesen wurden.
Es galt damals - wie heute -, die Stadt attraktiv zu gestalten, um das heimische Gewerbe nicht an die Nachbarstädte zu verlieren, sondern eher weitere Steuerzahler von außerhalb zu gewinnen. Um 1920 wurden Pläne gehegt, einen neuen Theaterbau zu schaffen. Auch Ideen über die Notwendigkeit eines großen Ausstellungs- und Kongresssaales sowie von Versammlungsräumen schwirrten durch die Stadt.
Im August 1921 entschied sich der Hauptausschuss der Stadt noch für die Erweiterung des Rathauses. Die öffentliche Meinung aber, die sich lebhaft mit dieser Frage beschäftigte, neigte mehr dazu, statt der Rathauserweiterung ein eigenständiges Bürohaus zu erstellen.
Von der Stadtverwaltung wurden in der Folge vier Vorschläge für den Standort eines solchen Gebäudes ausgearbeitet.
Infrage kamen demnach die Grundstücke:
- zwischen Neumarkt und Alter Markt (A) (auf dem Stadtplan: grün)
- zwischen Wildenbruch und Augustastraße (B) (rot)
- zwischen Hindenburgstraße (heute: Husemannstraße) und Zeppelinallee, ein Erweiterungsgrundstück neben dem alten Rathaus (C) (gelb)
- an der Bankstraße (heute: Ebertstraße) - um die Heusersche Wirtschaft und auf dem vormaligen Brockhofschen Gelände - der Ort des heutigen Hans-Sachs-Hauses (D) (blau).
Letztendlich, am 21. Oktober, entschied sich die Stadtverordnetenversammlung für das im Besitz der Stadt befindliche Gelände an der Bankstraße, da die darauf stehende alte Heusersche Gastwirtschaft "als übles Verkehrshindernis die freie Durchfahrt von der Bahnhofstraße zum alten Markt und nach Schalke behinderte. Im Mittelpunkt des Verkehrs gelegen, bot es für gewerbliche und Handels-Niederlassungen die idealen Bedingungen". (Arendt: Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung des HSH. In: Hans-Sachs-Haus. Festschrift 1927, S. 2.)
Ebenso wie die Lage des Grundstücks waren auch Konzeption und Nutzungsmöglichkeiten des zu bauenden Gebäudes lange offen. Zunächst war eine reine Büronutzung geplant: die Stadt wollte nur mit wenigen Verwaltungsbereichen einziehen, darüber hinaus sollten Stadtsparkasse und Finanzamt untergebracht werden. Ein großer Teil der Büroräume sollte privaten Nutzern vorbehalten bleiben. Man hoffte, dass große Industrieunternehmen die zentrale Lage des Hauses nutzen und Räume für ihre Verwaltungen anmieten würden.
Die Idee, das Bürohaus auch für andere Zwecke nutzbar zu machen, entstand wahrscheinlich recht früh. Als klar wurde, dass der Stadt mit dem Abbruch der Gastwirtschaft Heuser ein zentraler Veranstaltungsort verloren gehen würde, lag der Gedanke nah, einen Konzert- und Versammlungssaal ins neue Haus zu integrieren, auch für die Gastronomie lagen hier wohl die Gründe.
Dass Stadtbücherei und Lesesaal im Bauwerk untergebracht wurden, ergab sich aus der Tatsache, dass die Stadtsparkasse - entgegen den ersten Plänen zum Hans-Sachs-Haus - nun ein eigenes Verwaltungsgebäude errichten wollte und zwar dort, wo damals noch die alte Stadtbücherei stand.
Die Einbeziehung eines Hotels wurde wohl erst zu Beginn der Bauphase beschlossen.