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Namensgebung

Im März 1926 schrieb die Stadt einen Wettbewerb aus, um einen geeigneten, kurzen und treffenden Namen für das Haus zu finden, der den doppelten Zweck des Gebäudes als Bürohaus und Kulturstätte beschreiben konnte. Die Chefredakteure der drei Gelsenkirchener Zeitungen, Brepohl ("Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung"), Esser ("Gelsenkirchener Zeitung") und Zingler ("Volkswille") sowie der Stadtbaurat Arendt entschieden über die Vergabe der Hauptpreise von 100, 50 und 30 Mark und der fünf Trostpreise über 10 Mark. Das Preisgericht tagte am 16. April 1926.

 

27 Namen wurden eingesandt, 26 davon kamen in die engere Wahl.

Vorschläge wie "Merkur-Saal", "Ton-Haus", "Fugger-Wagner-Haus", "Händel-Handels-Haus", "Gelsenkirchener Musik- und Bürohaus"," Haus der Kunst und Arbeit" blieben ebenso ohne Preis wie die eher witzigeren Vorschläge "Wedelstätte" (nach dem damaligen Oberbürgermeister Carl von Wedelstaedt), "Haus Pleite" oder "Pütt-Jazz".
 

Trostpreise gingen an Namen wie "Gelsenburg", "Sirene", "Tipp-Ton-Halle", "Stadtstimme", "Städtischer Aufbau".

Die Hauptpreise und die Preisträger waren:
 

1. Preis: Luise Heikhaus für: Hans-Sachs-Haus

2. Preis: Fritz Peters für: Das Hohe Haus

3. Preis: Karl Gymnich für: Klinkerhof

 

"Hans Sachs ist uns Deutschen Sinnbild für die Verbindung von Werkarbeit, die materielle Werte erzeugt, und der Kunst, der wir ideelle Werte verdanken. Sein Name wurde daher dem Hause gegeben, das eine Arbeitsstätte für Handel, Gewerbe und Verwaltung und mit seinem in ihm enthaltenen Konzertsaale eine Pflegestätte für edle Kunst, namentlich die Musik werden soll."
Oberbürgermeister von Wedelstaedt
(in der Festschrift zur Eröffnung des Hauses 1927)

Der Bürger und Schuhmachermeister, der gleichzeitig Dichter war, überzeugte die Jury als Namenspate. Und so schrieb die Gelsenkirchener Zeitung in ihrer Festausgabe zur Eröffnung des Hauses am 15. Oktober 1927:

"Wahrlich kein schönerer und anmutender Name hätte gefunden werden können, als der des großen Herolds der Meistersinger, dem Wagner in seiner Oper ein herrliches Denkmal gesetzt hat, jenes Mannes, der in seinem Leben und Wirken Dichtkunst und Gewerbe in wunderbarer Vereinigung künstlerisch verkörpert hat, wie Goethe, der Altmeister der deutschen klassischen Poesie, es in dem sinnigen Vers ausgedrückt hat:
'Hans Sachs war ein Schuhmacher und Poet dazu.' "

Der Name " Hans-Sachs-Haus" wurde in Großbuchstaben über dem Haupteingang an der Ebertstraße angebracht. Die Buchstaben des Schriftzuges waren weit auseinander gezogen und nahmen fast die gesamte Fassadenfront ein.

Die erneute Anbringung des Namens über dem Haupteingang am 1. April 1953 bildete auch den Abschluss des Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges. Im Unterschied zum ursprünglichen Schriftzug standen nun die mit Leuchtstoffröhren bestückten Buchstaben viel enger zusammen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreiben von Luise Heikhaus mit ihrem Namensvorschlag
Schreiben von Luise Heikhaus mit ihrem Namensvorschlag
 
Namenszug über dem Haupteingang, ca. 1930
Namenszug über dem Haupteingang, ca. 1930.
 Die Buchstaben sind weit auseinander gezogen und nehmen fast die gesamte Fassadenfront ein.
 
Namenszug über dem Haupteingang 2003
Namenszug über dem Haupteingang 2003
 
Hans Sachs (Holzschnitt von Michael Ossendorfer, 1545)

Hans Sachs

Meistersinger und Dichter, 5.11. 1494 (Nürnberg) - 19.1.1576 (ebenda); Sohn eines Schneidermeisters; besuchte die Lateinschule und begann mit 15 Jahren eine Schuhmacherlehre. 1511-16 auf Wanderschaft in Deutschland; wurde 1520 Meister. Stellte sich früh auf die Seite M. Luthers. In politischer und sozialethischer Hinsicht vertrat er die Normen der bürgerlichen Mittelschicht und distanzierte sich ebenso von aufrührerischen Bewegungen der Unterschicht wie von fürstlicher Tyrannei.
Sachs beherrschte vier literarische Gattungen: den Meistersang, das Spruchgedicht in der Nachfolge von H. Rosenplüt und H. Folz, das Spiel und den Prosadialog. Er schuf über 4 000 Lieder geistlichen und weltlichen Inhalts. Seine Spruchgedichte haben geistliche, historische, politische und schwankhafte Inhalte und sind teilweise parallel zu den Meisterliedern entstanden; am populärsten war »Die Wittenbergisch Nachtigall« (1523) mit einer volkstümlichen Darstellung der Lehre Luthers. In seinen mehr als 80 Fastnachtsspielen stand Sachs in der Nürnberger Tradition; in seinen etwa 130 Komödien und Tragödien dramatisierte er v. a. biblische und historische Stoffe, aber auch mittelalterliche Erzählungen. Im Prosadialog werden Probleme der Reformation und der richtigen Lebensführung von fiktiven Partnern diskutiert, wobei es Sachs darum ging, der städtischen Bevölkerung religiöse und weltliche Bildung nahe zu bringen und die Interessen des Handel treibenden Bürgertums durch die Propagierung von Frieden, Ordnung, Ehrbarkeit und Vernunft zu sichern. - Sachs geriet im späten 17. Jahrhundert in Vergessenheit, Anfang des 18. Jahrhunderts wurde er Gegenstand frühaufklärerischen Spotts. Die Neubewertung ging von C. M. Wieland und Goethe aus, mit R. Wagners Oper »Die Meistersinger von Nürnberg« (Uraufführung 1868) erreichte die Sachsrezeption einen Höhepunkt. Sachs' Werk gilt als ein bedeutendes Zeugnis der reichsstädtischen bürgerlichen Kultur des 16. Jahrhunderts.
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