Hans-Sachs-Haus
Festschrift herausgegeben im Auftrag des Hochbauamtes Gelsenkirchen, 1927
|
Oberbürgermeister von Wedelstaedt Hans Sachs ist uns Deutschen Sinnbild für die Verbindung von Werkarbeit, die materielle Werte erzeugt, und der Kunst, der wir ideelle Werte verdanken. Sein Name wurde daher dem Hause gegeben, das eine Arbeitsstätte für Handel, Gewerbe und Verwaltung und mit seinem in ihm enthaltenen Konzertsaale eine Pflegestätte für edle Kunst, namentlich die Musik werden soll. Nun wird das "Hans-Sachs-Haus" feierlich seiner Bestimmung übergeben. Die Bedeutung dieses Ereignisses liegt nicht so sehr in der Tatsache, daß zu den vielen und gewaltigen Stätten körperlicher und geistiger Arbeit in unserer Stadt eine weitere hinzu kommt, als vielmehr darin, daß von der Errichtung des Konzertsaales ein weiterer Aufschwung des musikalischen und des gesamten kulturellen Lebens Gelsenkirchens zu erhoffen ist, sodaß wir an einem Wendepunkt der geschichtlichen Entwicklung unserer Stadt stehen, und ferner darin, daß der bei aller Schlichtheit seiner Form schöne und wuchtige Bau eine höchst erfreuliche Bereicherung des Stadtbildes von Gelsenkirchen an hervorragender Stelle ist. Wer bedenkt, wie wenig im Anfange der fast unnatürlich schnellen Entwicklung unserer Stadt den kulturellen Bedürfnissen und städtebaulichen Erfordernissen Rechnung getragen worden ist, da für die schnell und immer zahlreicher herandrängenden Menschenmassen zunächst die nötigsten äußeren Lebensbedingungen in billigster Form sichergestellt werden mußten, wobei leider die Kunst des Architekten kaum jemals in Anspruch genommen wurde, wer es weiß, wie viele Hoffnungen auf Besserung dieses beklagenswerten Zustandes durch den unglücklichen Ausgang des Krieges zerstört worden sind, der wird zugestehen müssen, daß Gelsenkirchen allen Anlaß hat, sich über die glückliche Vollendung des Hauses herzlich zu freuen. So möge denn das Haus zu weiterer wirtschaftlicher Blüte der Stadt und zur Bereicherung und Verinnerlichung des Seelenlebens ihrer Einwohner beitragen. Wenn eine Kunst berufen und befähigt ist, alle Bevölkerungskreise einander näher zu führen, so ist es die Musik. Und daher möchte ich als dritten Wunsch hinzufügen: Möge dies Haus eine Stätte werden, an der sich die Gelsenkirchener oft und lange Jahre ohne Zwietracht zusammenfinden, um gemeinsam Höchstes zu erleben. VON WEDELSTAEDT, OBERBÜRGERMEISTER |
Beigeordneter Stadtbaurat Arendt, Gelsenkirchen Aus dem Zusammenbruche keimte neue Hoffnung. Das ist der Wert der Niederlage, daß sie neue Wünsche, neue Ziele, neue Kräfte ins Leben ruft. Als ein Ausdruck neuer Wünsche und Ziele in unserer Stadt nach dem Kriege steht es da, unser Hans-Sachs-Haus, als eine Verkörperung neuer Kräfte fand es Form und Gestalt, eine durchaus neue Form. Die Idee geboren in schwerster Zeit des Zusammenbruchs nach verlorenem Kriege, in der Zeit, da wir alle Werte, mit denen wir bisher zu messen gewohnt waren, schwinden sahen, und nur darauf sannen, mit des Kopfes und der Hände Arbeit bleibende neue Werte, Dinge von Bestand zu schaffen. Die Idee getragen von der neuen Auffassung der Aufgaben einer Gemeinde, einer wachsenden Stadt, die Hunderttausenden nicht nur Platz zum Wohnen und Leben bieten, sondern auch Stätte der Arbeit und der Erholung sein soll. Die Idee verwirklicht von einer Gemeindevertretung, die ganz anders als vor dem Kriege alle Kreise der Bürgerschaft vertrat, die viel mehr Mut und Entschlußkraft aufbrachte, auch kostspielige Unternehmungen durchzuführen, wenn nur die Ueberzeugung bestand, daß sie auf die Dauer dem Gemeinwesen von Segen und Nutzen sein würden. Die Idee gestaltet von Künstlerhand, die auf gesunden Traditionen fußend und die Ausdrucksmittel der Architektur beherrschend, vom Zeitgeist durchdrungen in echter Werkbundarbeit geschult, den Mut hatte, das Haus ohne schwächliche Zugeständnisse an dekorative Neigungen als reinen Zweckbau in wohl abgewogenen Linien und Formen zu gestalten und in echtem Werkstoff. So steht das Haus, das der Arbeit wie der Erholung zugleich dienen soll, als mächtiges Wahrzeichen der Stadt der Arbeit, zugleich ein Wahrzeichen ernst und groß der hoffnungsvollen Lebenskraft eines aus Krieg und Zusammenbruch sich hinaufarbeitenden Geschlechtes, der Nachwelt zu künden, daß deutsche Kraft doch nicht zusammengebrochen war, was sie nach allem Leid und Not aus eigenen vermochte, was sie von deutscher Zukunft erhoffte. Nachdem die im Jahre 1920 gehegten Baupläne, die sich um den Theaterbau auf der Wiese gruppierten, als zunächst aussichtslos zurückgestellt werden mußten, trat bereits im Sommer 1921 das dringende Bedürfnis auf, im Mittelpunkt der Stadt umfangreiche Büroräume zu beschaffen sowohl für die Zwecke der städtischen Verwaltung, der immer neue Aufgaben von Staat und Reich zugewiesen wurden, wie auch für gewerbliche Unternehmungen, die mit der zunehmenden Inflation ihren Angestellten-Apparat dauernd in ungeahnter Weise vergrößerten. Wollte man nicht noch mehr Wohnraum dem schon so arg bedrängten Wohnungsmarkt entziehen, so mußten auch in Gelsenkirchen Verwaltungs- und Bürohäuser geschaffen werden, wie sie in den Nachbarstädten entstanden und das Gelsenkirchener Gewerbe anlockten. Unter vier Vorschlägen, die die Verwaltung ausgearbeitet hatte, entschied sich im August 1921 der Hauptausschuß noch für die Erweiterung des Rathauses. Die öffentliche Meinung aber, die sich lebhaft mit dieser Frage beschäftigte, neigte mehr dazu, die Lösung der Rathausfrage zu vertagen und ein reines Bürohaus neu zu erstellen. Mit Recht wurde für dieses das schon lange im Besitze der Stadt befindliche vormals Brockhof'sche Gelände an der Bankstraße als das bestgeeignete bezeichnet, auf dem die alte unansehnliche Heusersche Wirtschaft als übles Verkehrshindernis die freie Durchfahrt von der Bahnhofstraße zum alten Markt und nach Schalke behinderte. Im Mittelpunkt des Verkehrs gelegen, bot es für gewerbliche und Handels-Niederlassungen die zweckmäßigste Unterkunft. Schon im Oktober desselben Jahres beschlossen die Stadtverordneten die Ausschreibung eines Wettbewerbes für die Gewinnung von Plänen für ein Bürohaus auf diesem Grundstück, das auch die Stadtsparkasse und das Finanzamt aufnehmen sollte. Ihm folgte zu Anfang 1922, nachdem man sich entschlossen hatte, für die Sparkasse ein eigenes Haus zu errichten, ein zweiter engerer Wettbewerb unter drei auswärtigen Architekten (Fritz Becker, Martin Elsässer, Alfred Fischer) und zwei ortsansässigen (Josef Franke, Theodor Wasser). Jetzt war auch die Eingliederung eines großen Fest- und Versammlungssaales in die Baumasse gefordert. Das Preisgericht, bei dem die Planverfasser persönlich mitwirkten, entschied sich für den Entwurf von Alfred Fischer, der der weiteren Bearbeitung zu Grunde gelegt wurde. Bereits am 20. Januar 1922 hatte die Stadtverordnetenversammlung mit großer Mehrheit die damals berechnete Bausumme von 23 Millionen Mark bewilligt und die schleunige Inangriffnahme der Arbeiten gewünscht. Alle Vorbereitungen waren getroffen, als am 11. Januar 1923 die Ruhrbesetzung durch die Franzosen erfolgte und alle Pläne zum Stillstand brachte. Aber weder die Schrecken dieser Zeit noch die Leiden und Schwierigkeiten der Inflation und Deflation vermochten die Hoffnungen und Wünsche auf diese bedeutende Bauaufgabe zu vernichten. Bereits im Juli 1924 fanden die städtischen Körperschaften wieder den Mut, die Inangriffnahme der Bauarbeiten zu beschließen, und mit frischen Kräften ging man an die Arbeit, die mit zahlreichen anderen Unternehmungen Beschäftigung für viele Erwerbslose bieten und den Wiederaufbau der Wirtschaft fördern helfen sollte. Die finanziellen Schwierigkeiten der nachfolgenden Zeit haben wiederholt Unterbrechungen der in mehrere Abschnitte zerlegten Bauarbeit gebracht und wiederholte Stadtverordneten-Beschlüsse, die nicht immer von großen Mehrheiten getragen wurden, erforderlich gemacht. Hieraus erklärt sich die mehr als dreijährige Bauzeit. Sie dürfte aber zur Ausreifung des Planes und der Form unseres Hauses im Innern wie im Äußeren von Wert gewesen sein und braucht deshalb heute nicht bedauert zu werden. Der Durchbruch der Bahnhofstraße durch die alte beinahe dörfliche Umbauung der evangelischen Kirche über den alten lindenbestandenen Friedhof im Jahre 1907 war eine gewichtige Tat zur Erschließung des Verkehrs von der Altstadt nach Norden. Sie brachte freie Durchfahrt für Straßenbahn und Verkehr, aber nicht, die erwartete und dringend nötige Verlängerung der City aus der zu kurzen Bahnhofstraße in der Richtung nach Schalke. Die Lücke in der Ladenfront von den Kirchen bis zur Schalkerstraße über die alte Wiese war zu groß, um den Geschäftsbetrieb glatt hinüberzuleiten. Hier soll das Hans-Sachs-Haus mit seiner breiten Ladenfront ein wertvolles Bindeglied sein und wird es um so eher werden, als an ihr, wie in der Bahnhofstraße, sämtliche Straßenbahnlinien vorbeifahren und gerade hier die Hauptumsteigestelle für den Verkehr nach allen Richtungen liegt. Das Ziel muß um so eher erreicht werden, wenn die in den fünf Stockwerken des Hauses vorhandenen 5000 qm Büroraumfläche gewerbliche und Handelsniederlassungen oder stark frequentierte Behördenstellen beherbergen. Ein vielversprechender Anfang ist gemacht; schon jetzt sind hier untergebracht die verkehrsreichen städtischen Bauämter, das Vermessungsamt, die Grundvermögensverwaltung, das Theater- und Konzertbüro, die Betriebsverwaltungen, Bau- und Gewerbepolizei, das Versicherungsamt, das staatliche Katasteramt, das Arbeitsgericht, eine Zollinspektion und zehn Privatbüros aller Art. An der Munckelstraße hat die städtische Bücherei und der Lesesaal eine würdige Unterkunft gefunden. Der Verkehr zu all diesen Geschäftsräumen hat auch bereits einen derartigen Umfang angenommen, daß innerhalb der acht Geschäftsstunden täglich bis zu 1800 Personen auf dem Fahrstuhl befördert wurden, ungezählt die vielen, die zu Fuß die Treppe ersteigen. Man sage nicht, daß die Unterbringung so zahlreicher behördlicher Dienststellen den Zweck des Hauses vereitle. Nichts lenkt den Verkehr stärker an eine Stelle als die Zusammenballung von städtischen und staatlichen Dienststellen. Zudem waren die räumlichen Verhältnisse bei der Stadtverwaltung, deren Büros in acht Gebäuden in den verschiedensten Stadtteilen verstreut waren, nach dem Kriege geradezu unhaltbar geworden und drängten mit Macht zum Neubau eines Rathauses. Wenn der kostspielige Aufwand eines Rathausbaues noch hinausgeschoben werden konnte auf bessere Zeiten, so verdanken wir das nur dem Bau dieses Hauses, das solange die Bedürfnisse der Stadt befriedigen soll, bis es für Privatunternehmungen voll in Anspruch genommen wird. Es war ein glücklicher Gedanke, ein anderes Bedürfnis großstädtischen Verkehrs gleichzeitig in diesem Neubau zu befriedigen die Schaffung einer würdigen Hotelunterkunft für alle Fremden, die unsere Stadt zu privaten oder Geschäftszwecken besuchen und bislang wegen unzureichender Übernachtungsgelegenheit abends vorzeitig verlassen mußten, um in der besser versorgten Nachbarstadt Essen zu nächtigen. Die Gelegenheit bot dazu der an der ruhigen Vattmannstraße gelegene nördliche Bauflügel, der ohnehin die für den Saalbau erforderlichen Wirtschaftsräume aufnehmen sollte. Wenn auch die Eingliederung in den allgemeinen Bauplan eine Raumentwicklung im Maßstabe eines großen Luxushotels nicht zuließ, so ist doch neben dem etwa hundert Personen fassenden Restaurant im Erdgeschoß von einer schmucken Hoteldiele zugänglich eine Fremdengaststätte von etwa fünfzig Betten geschaffen, die nur aufs Beste eingerichtete Zimmer in ruhiger Lage mit allen Bequemlichkeiten als Bäder, Telefon, fließendem kalten und warmen Wasser, Lichtsignal- und Vakuumanlage und Fahrstühle enthält. Im ersten Stock befinden sich neben dem Lese- und Frühstückszimmer eine Reihe stattlicher Konferenz- und Ausstellungsräume, die auch für Festlichkeiten einen würdigen Rahmen bieten. Es versteht sich, daß die Wirtschaftsräume, Küche und Keller allen Erfordernissen eines erstklassigen Betriebes genügen. Wir finden hier ausgedehnte Kühlanlagen, Kellereien und eine maschinelle Dampfwäscherei; in dem das Haus an der Nordwestecke bekrönenden zehnstöckigen Turm findet das zahlreiche Hauspersonal luftige Unterkunft. Bei geschickter Leitung wird das HOTEL HANS SACHS sicherlich bald ein Anziehungspunkt für die Reisenden im Industriegebiet werden. Neben diesen rein wirtschaftlichen praktischen Zwecken für die der Neubau ursprünglich ausschließlich gedacht war, konnte ohne übermäßigen Mehraufwand eine kulturelle Aufgabe von besonderer Bedeutung mit ihm gelöst werden, die in jeder Stadt von der Größe Gelsenkirchens eine erste Pflicht gegenüber allen Schichten der Bevölkerung ist. Das Musikleben, das wie in allen Städten des Industriegebietes auch bei uns in erfreulicher Entwicklung ist, spielt sich bislang in der am Ende des vorigen Jahrhunderts von der damals noch so unbedeutenden Altstadt in ihrem neu angelegten Stadtparke erbauten Stadthalle ab, die als Park- und Festhalle wohl recht ansehnlich, als Musiksaal aber weder akustisch brauchbar noch repräsentativ einigermaßen würdig erscheint. Ihr oft geplanter Umbau ist vernünftigerweise unterblieben oder beschränkte sich auf den technischen Ausbau der Bühne für die Theateraufführungen, die immer mehr an Bedeutung zunehmen. Der große Hofraum von 50 zu 30 m zwischen den drei Flügeln des Hans-Sachs-Hauses bot eine günstige Gelegenheit, hier ohne allen äußeren Aufwand an Architekturmitteln einen intimen und doch großen Musiksaal zu schaffen, der geschützt vor allem Straßenlärm, doch inmitten des Hauptverkehres, neben einem Podium für 250 Sänger, im Saalparkett an 1 000 und auf den dreiseitig umlaufenden Galerien weitere 600 Sitzplätze bot. Auf allen drei Seiten umgeben ihn weite Wandelgänge mit Garderoben und Erfrischungsräumen. Die unmittelbare Verbindung mit dem Wirtschaftskomplex des Hotels ermöglicht die Verwendung, des Saales zu Festlichkeiten aller Art. Dieser Saal hat eine Innenausstattung in edlem Holz erhalten, das in breiter flächiger Behandlung mit nur wenigen stark ausladenden Gesimsleisten alle Wand- und Deckenflächen überzieht. Sie wird ihm eine selten weihevolle Stimmung verleihen, die verstärkt wird durch die gewählte neuartige Beleuchtungsart mit Decken-Lichtbändern, und dem Raum sicherlich eine besondere Anziehungskraft und bleibenden Wert als einer starken Architekturschöpfung bewahren wird. Was ihm aber als Musiksaal den höchsten Wert verleihen soll, ist das gewaltige Orgelwerk, diese neueste Schöpfung von Walcker, Ludwigsburg, die alle Werke der weiten Umgebung an Stärke und Eigenart übertreffen soll. Sie wird in einem besonderen Aufsatz gewürdigt. So übergeben wir diesen Bau nach langer mühevoller, nicht ohne Hemmungen und Unterbrechungen durchgeführten Bauzeit der Bürgerschaft in dem stolzen Bewußtsein, daß er zeugt von dem Können unseres heimischen ortsansässigen Handwerks, das ihn fast allein geschaffen, und in der Überzeugung, daß er unserer Stadt sowohl in ihrem wirtschaftlichen wie in ihrem kulturellen Entwicklungsdrange zum Segen gereichen wird. Dem jetzigen und dem kommenden Geschlechte soll er durch sich selbst und das, was in ihm sich vollzieht, entgegenrufen das Wort unseres Hans Sachs in den Meistersingern: EHRET EURE DEUTSCHEN MEISTER |
Architekt Professor Alfred Fischer, Essen Die Baukunst, zu neuem Leben erwacht, steht wieder wie einst an der Spitze der bildenden Künste. Eine neue Zeit beginnt. Unser Gefühl für architektonische Gestaltung erstarkt. Ausgehend vom Industriebau zeigt sich in der Baukunst, besonders in den letzten Jahren, eine Umwälzung von Grund aus. Ueberall entstehen zukunftweisende Werke neuer Baugesinnung. Das Dekorative hat abgewirtschaftet. Anstelle des Scheins tritt das Sein. Das neue Bauwerk, Produkt in neuer Geistigkeit Schaffender, entsteht aus der Diktion des Materials der Konstruktion des Zwecks. Alles Beiwerk fällt. Wahrheit, Klarheit, Einfachheit sind die Richtlinien, denen der schöpferische Geist folgt. Das Hans-Sachs-Haus, als Ganzes betrachtet, sowohl nach der grundsätzlichen
Einstellung zur Formgestaltung, wie auch besonders in der Durchführung der Innenräume
und ihrer farbigen Behandlung, dürfte eine architektonische Lösung darstellen, die im
Industriegebiet erstmals auf diese Weise versucht wurde. Der beinahe 6 Jahre zurückliegende erste Entwurf zu der Gebäudeanlage zeigt schon eine betonte horizontale Gliederung der Baumasse. Die späterhin erhobene Programmforderung der Einfügung eines Konzertsaales anstelle des Binnenhofes im äußeren Bürohausring führte dazu, die seitlichen Treppenhäuser an die Außenfront zu legen. Damit wurden die umlaufenden horizontalen Bänder der Außenseiten vertikal durchschnitten. Eine Bindung dieser starken Vertikale entstand dann durch die Rücksprünge in den Seitenfassaden und bei der Nordwestseite durch den Turm. Die Fassadenrücksprünge sind durch den Bergbau diktiert. Das Gebäude steht auf der Markscheide zweier Kohlenzechen. Die beiden Langfronten des Gebäudes mußten auf Wunsch der abbauenden Zechenverwaltungen gegen den Vorderbau durchgehende Dehnungsfugen erhalten, sodaß der dreiflüglige Bau in konstruktiver Hinsicht aus drei selbständigen, von einander losgelösten Bauten besteht. Um diese Dehnungsfugen nach außen unsichtbar zu machen und bei kommenden Bergsenkungen gleichzeitig eine Höhenverschiebung der einzelnen Außenhautteile möglichst auszugleichen, ist die Haut an diesen Stellen durch Rücksprünge eingezogen. Das Bauen im rhein.-westf. Industriebezirk ist ein Bauen auf schwankendem Boden. Dem Ansässigen ist dies bekannt, außerhalb wissen es wenige. Aus dieser Tatsache ergibt sich mancher unausschaltbare Einfluß auf die Formgestaltung. Das konstruktive Gerippe des Bauwerkes ist ein Eisenbetonrahmenbau. Neuzeitliche Bestrebungen gehen dahin, einen Eisenbetonbau durchweg auch als solchen nach außen hin zu zeigen. Diese Bestrebung ist durchaus gesund. Für ein Gebäude repräsentativen Charakters im Kohlenbezirk ist jedoch der Beton als Außenmaterial wegen seiner späteren unedlen Wirkung ungeeignet. Die Verwendung von gehobelter Schalung bei Eisenbeton ist wegen der Kosten meist unmöglich. Beton zu verputzen ist zu verwerfen. Selbst bei der Verwendung von Vorsatzbeton und gehobelter Schalung ist bei der Eigenart der atmosphärischen Einflüsse im Ruhrbezirk der Beton zu wenig wetterbeständig. Eine dauernde Verschmutzung bei der überreich mit schwefliger Säure und Kohlenstaub gefüllten Luft wäre nicht zu vermeiden. Um eine Außenseite von bleibender Sauberkeit zu formen, wurde das Bauwerk in hartgebranntem Klinker ausgeführt. Die durchlaufenden Fenstersturz- und Fensterbankprofile aus glasierter Keramik schließen eine Verschmutzung aus. Im Gegensatz zu diesen Profilen wurde das Hauptgesims aus Kupfer hergestellt. Auf Keramik wurde hier verzichtet, weil eine Verankerung an sich konstruktiv schwierig, mit Rücksicht auf Bergsenkungen gefährlich erschien. Das Kupfersims stellt eine Beziehung her zu dem Vordach in Erdgeschosshöhe, das ebenfalls in Kupfer abgedeckt ist. Die Vordachanlage entstand aus praktischen Bedürfnissen heraus. Sie soll die Spiegelung der Schaufensterscheiben mildern und dem Beschauer der Auslagen Regenschutz gewähren. Für die Formgestaltung ist dieser, wenn man so will, sockelartige, schattenwerfende Vorsprung von großer Bedeutung. Der das Vordach begleitende Fries senkrecht aufstehender Luxferprismen erhellt die Ladenräume, die sonst meist nur durch die Schaufenster selbst Lichtzufuhr erhalten.
Diese Materialzusammenstellung gibt dem Aeußeren etwas Geschlossenes. Wenn sich die Sonnenstrahlen im Glanze der Profilkanten und -flächen brechen, erhält der Bau bei aller Einfachheit der Gesamtform ein gewisses prunkvolles Ansehen. Die Zweckbestimmung des Hauses wurde noch während der Bauzeit mehrfach erweitert. Es entstanden dadurch sehr schwierig zu lösende Fragen. Der nordwestliche bereits erstellte Bürohausflügel wurde in ein Hotel verwandelt. Eine zweckmäßige Raumeinteilung, die den Hotelbetrieb gut ermöglichen lassen wird, dürfte trotzdem erzielt worden sein. Da die Nebenräume für ein Hotel fehlten, wurde das Gebäude-Ende als Turm hochgezogen und so die Personalräume gewonnen. Diese Turmanlage betont auch das Hotel nach außen hin. Die Vertikal-Betonung ist verstärkt durch das Heraufziehen der Keramikverkleidung entsprechend der gleichen Betonung der Treppenhäuser. Die Idee, den Gebäudekomplex mit einem Turmaufbau abzuschließen, findet sich übrigens bereits beim ersten Entwurf. Beim zweiten Entwurf wurde das Turmprojekt, weil praktisch nicht zu verwenden, fallen gelassen, um beim Ausführungsprojekt aus Raumgründen erneut aufgegriffen zu werden. Im südöstlichen Seitenflügel wurde nach der Fertigstellung des Rohbaus die städtische Bücherei mit Lesesaal eingebaut Diese Unterbringung muß man als Provisorium bezeichnen. Eine Ausdehnungsmöglichkeit der in ein fertiges Gerippe eingezwängten Raumfolge ist an dieser Stelle unmöglich. Die Anordnung des Konzertsaales für 1500 Sitzplätze und ein Podium für 300 Mitwirkende bereitete größte Schwierigkeiten. Die ausreichende Tagesbeleuchtung für Saal und Wandelhallen durfte nicht außer Acht gelassen werden.
Um eine solche einwandfrei zu ermöglichen, mußten die Seitengalerien zur Hälfte über die Wandelhallen und zur Hälfte über den Saal gelegt werden. Diese Anordnung brachte den Nachteil der Pfeiler auf der Brüstung der Seitengalerien. Da es sich um einen reinen Konzertsaal handelte, nahm man diese, die Sehlinie zum Podium verdeckenden Stützen in Kauf. Zu einem Musikpodium von so großen Ausmaßen mußten auch die Räume für Dirigenten, Solisten, Orchester und Chor geschaffen werden. Alle diese Räume sind vom Podium aus bequem zu erreichen. Für den Saal als reiner Konzertsaal war die Erzielung einer guten Akustik Hauptbedingung. Man weiß ja, daß infolge wissenschaftlicher Untersuchung die akustische Frage nicht mehr so ganz problematisch ist, wie früher. Doch selbst bei Beachtung aller Rezepte und der Anstellung einer Berechnung über die Schallerscheinungen kann man auch heute noch nicht ein absolut sicheres Gelingen garantieren. Jedenfalls wurden bei der Planung des Saales sämtliche uns heute bekannten Richtlinien beachtet. Die Raumverhältnisse wurden entsprechend abgestimmt. Als Auskleidungsmaterial der Eisenkonstruktion des Saales wurde durchweg Holz verwandt. Für den Fußboden wählte man Parkett auf Unterlagshölzern. Auch die Decke des Saales ist aus Holz. Die großen herabhängenden 3 Meter hohen zwischen den Fensterfries eingespannten Holzschürzen geben der Decke eine starke Querteilung, die aus akustischen Gründen angeordnet ist. Der technische Apparat der Orgel ist an sich ein Kunstwerk. Leider muß ein solches feinseitiges, kompliziertes Werk aus Gründen der Funktionssicherheit der Allgemeinheit unzugänglich bleiben. Als raumabschließendes Schaustück eignet es sich nicht. Von der Anbringung der üblichen Orgel-Pfeifen-Attrappen wurde Abstand genommen und das Orgelwerk vollständig unsichtbar gelassen. Der Schall aus dem Orgelwerk nimmt seinen Weg durch doppelte Holzjalousien, die über dem Podium in Wänden und Decke angebracht sind. Das ebenfalls unsichtbare Orgelfernwerk leitet die Schallwellen durch einen Holzkanal über der Saaldecke entlang bis zu dort angeordneten Einfalljalousien. Ob es glückte, die akustische Frage zu lösen, läßt sich zur Stunde der Niederschrift dieser Abhandlung noch nicht sagen. Bei der Planung und während der Ausführung wurde mehrfach Rat eingeholt bei dem raumakustischen Sachverständigen Professor Dr. Michel, Hannover. Die Querteilung der Decke nimmt auch die Hauptsaalbeleuchtung auf. Die Verwendung von Tiefstrahlern erschien als gegeben, um eine freie ruhige Raumwirkung zu erreichen. Auf hängende Beleuchtungskörper ist aus raumgestaltenden Gründen bewußt verzichtet worden. Da der Saal auch für Kinozwecke Verwendung finden soll, kommt die Ausführung dieser Absicht des freien Raumes sehr zustatten. Alle diese Gesichtspunkte, es sind nur die hauptsächlichsten angeführt, bestimmten die Form des Saales als Gerippe. Die räumliche Ausgeglichenheit und eine vornehme, ruhige Raumwirkung, die für einen Konzertsaal notwendig ist, wurde erreicht durch die Abwägung der Raumverhältnisse des Ganzen und aller Einzelheiten. Eine überlegte Materialwahl mit der Bevorzugung von Edelholz (Makassa und Kirschbaum), eine abgestimmte, farbige Behandlung der nicht in Edelholz ausgeführten Teile, eine lichttechnisch gute Raumerleuchtung waren die Ausdrucksmittel für eine Gestaltung, die würdig und In ihrer Formensprache den Geist der Zeit atmen soll. Die Beschränkung auf das Notwendige war bei der Gestaltung Ausgangspunkt. Es steht zu hoffen, daß bei dieser überlegten Vermeidung alles Modischen und Augenblicklichen eine dauernd verständliche, wertvolle Raumwirkung erzielt wurde. In der farbigen Behandlung der Innenräume wurden neue Wege gewählt. Professor MAX BURCHARTZ, ESSEN, hatte diese Aufgabe übernommen. Nach zwei Richtungen hin erweist sich die farbige Gestaltung des Hans-Sachs-Hauses als neuartig. Einmal sind die Farben ausgewertet als Orientierungsmittel im Gebäude. In der Folge von Rot-Blau-Gelb-Grün-Rot sind die Farben von unten beginnend auf die einzelnen Geschosse verteilt, so daß nach Kenntnisnahme etwa des großen Transparentes in der Vorhalle des Haupttreppenhauses jedermann mit Leichtigkeit feststellen kann, in welchem Geschoß des Gebäudes er sich befindet. Die Farben ziehen sich in gleicher Folge durch alle Treppenhäuser, sie geben also jedem Stockwerk durchlaufend das bestimmte Gepräge. Die Anordnung in den Fluren ist so getroffen, daß man von den Treppenhäusern und auch etwa vom Paternoster aus sich schnell über die Farbe des nächsten nach unten wie nach oben folgenden Stockwerks orientieren kann. Hinsichtlich der künstlerischen Durchbildung der Raum-Farben wurde das größte Gewicht auf die einheitlich engste Bindung der malerischen mit der architektonischen Gestaltung gelegt. Bei Verzicht auf jedes eigenwillige "Dekorieren", auf eine Verzierung der einzelnen Wände mit Flächenornamenten war für den Maler die Einstellung maßgebend, stets die TIEFENräumlichkeit zu betonen, die Beziehung aller sechs (oder mehr) Begrenzungsflächen jeden Innenraumes zueinander in Spannung zu setzen, die architektonischen Hohlraumkörper fühlbar zu machen. Das war nur möglich bei einer engen Zusammenarbeit von Architekt und Maler, die schon einsetzte bei den Entwurfsarbeiten für die Formgestaltung der Einzelräume im Atelier des Architekten. Es wurde vor allem die Beziehung der verwendeten Baustoffe zu den später eingesetzten Anstrichsfarben planmäßig vorbestimmt. Als ein Beispiel wäre etwa die Behandlung des Marmorbelages im Haupttreppenhaus in seiner Beziehung zur Bemalung der Decken anzuführen. Das Gelingen eines Bauwerkes hängt nicht allein ab von den schöpferischen Fähigkeiten des Architekten. Die Organisation des Baubetriebs, die örtliche Bauleitung und das Geschick, die Qualität der Ausführung in allen Einzelheiten zu sichern, ist mitbestimmend und von ausschlaggebendem Einfluß für den Wert des Geschaffenen. Die Verantwortung des planenden Architekten für die künstlerische und technische Leitung muß unter diesen Gesichtspunkten verstanden werden. Wenn das Hans-Sachs-Haus für die Stadt Gelsenkirchen und vielleicht weit über Stadt und Bezirk hinaus Bedeutung haben sollte als ein gelungenes Werk neuzeitlicher Baukunst, so gebührt an dieser Stelle Dank Herrn Stadtbaurat ARENDT und Herrn Stadtbaumeister BOEKE, Gelsenkirchen, deren verständnisvolle fördernde Leitung den Bau in seiner heutigen Gestalt ermöglichen ließ. Ob die heutige Zeit stark genug und die am Bau Schaffenden innerlich reich genug waren, ein bleibendes Bauwerk zu errichten, kann keine Gegenwartskritik feststellen. Wenn Jahre dahingegangen sind, wird es sich zeigen, ob dem Werk DIE Qualität innewohnt, die ihm dauerndes Leben sichert. |
Museumsdirektor Dr. Hans Secker, Köln Endlich hat die jäh aufblühende Großstadt Gelsenkirchen einen Mittelpunkt gefunden. Aus dem Meer von zufällig entstandenen, verstreut und unübersichtlich entwickelten Wohnhausgruppen, die wie Inseln zwischen Bergbau und Industrie zu Einheiten ohne Beziehung untereinander aufwuchsen, erhebt sich der imponierende Neubau des Hans-Sachs-Hauses, steht nun da mit der zwingenden Notwendigkeit einer Maschine und bildet den Maßstab für eine künftige städtebauliche Konzentration. Der Stolz einer arbeitenden Stadt ist erwacht und ist zu monumentalem Ausdruck gereift. Es ist ein kulturgeschichtliches Ereignis, das mitzuerleben um so hinreißender ist, als die bauliche Gestaltung ein künstlerisches Meisterwerk wurde, das bei aller Sachlichkeit nicht nüchtern wirkt und schon äußerlich durch seine edle Gliederung uneingeschränkte Bewunderung herausfordert. In vieler Hinsicht ist die Entstehungsgeschichte des Hauses bemerkenswert. Im Jahre 1921 ging ALFRED FISCHER-ESSEN aus dem Wettbewerb der Stadt Gelsenkirchen als Sieger hervor. Im folgenden Jahre ergab sich aus der inzwischen erweiterten Aufgabe, in den großen Hof einen Konzert-Saal einzubauen, ein neues Preisausschreiben. Wieder bekam Fischer den ersten Preis, und diesmal auch die Bauausführung. Die Triebfeder des ganzen Gedankens war Baurat ARENDT, und dessen besonderes Verdienst wird es bleiben, daß hier die beteiligten Architekten selbst Preisrichter waren und im gegenseitigen Austausch der Meinungen dem Entwurf Fischers den Preis zuerkannten. Eine derartige Behandlung einer tief in ein Stadtwesen einschneidenden Baufrage, eine solche Selbstlosigkeit und Zurückhaltung der Verwaltung gegenüber dem maßgebenden Urteil des ausübenden Künstlers, und eine so wohlwollende, stets nur fördernde, nie behindernde Einstellung der Baubehörde, wie sie in diesem Fall durch den städtischen Baurat vom Beginn bis zum Ende des gewaltigen Blocks bewiesen wurde, dürften vereinzelt dastehen in der offiziellen Bautätigkeit Deutschlands. So, NUR SO, konnte ein Werk von der überragenden Bedeutung des Hans-Sachs-Hauses Zustandekommen. Die Gelsenkirchener Handhabung des Preisgerichts wird überall da, wo nicht eine Stadtverwaltung den verhängnisvollen Irrtum begeht, sich die Diktatur über künstlerische Dinge anzumaßen, Nachfolge finden. Vielleicht wird dieser neue Bau auch in solchem Sinne eine segensvolle Mahnung an andere Städte! Gut war es, daß sich das Werden des Gebäudes auf den für heutige Verhältnisse langen Zeitraum von sechs Jahren erstreckte. Man mag an die Jahrhunderte primitiver technischer Hilfsmittel zurückdenken, die Generationen hindurch an einem einzigen Bauwerk arbeiteten und je mit dem Eintritt eines neuen Stilgefühls dankbar und pietätvoll die fort-, geschrittenen Erkenntnisse dem langsam sich entwickelnden Baubild angepaßt haben. So sehr sich schon nach dem Weltkrieg der Begriff architektonischer Gestaltung bei uns gewandelt hat, wo man mit Hollandfahrten anfing und nach den Dimensionen amerikanischer Hochhäuser schielte, - das ist das Großartige, daß hier mit zielbewußter Klarheit an dem einheitlichen ersten Plan festgehalten wurde und dann doch im Lauf der sechs Jahre, die in unserer Gegenwart eine Ewigkeit bedeuten, alle sich beiläufig ergebenden Neuerungen in den Geist des wachsenden Bauwerkes Einlaß fanden. Alfred Fischer ging aus vom Industriebau, auf den der weise Rat des alten Oeder in
Düsseldorf ihn gewiesen hatte. Tritt man der Hauptfassade des Baus von der Bankstraße aus entgegen, so erlebt man schon in der verkürzten Ansicht der breitgelagerten, horizontal geteilten Masse ein Bild von überwältigender Schönheit. Das frei vorragende Kupferdach, das vor den Erdgeschoßläden in großer Linie hinläuft, betont in angenehmer Höhe die Basis. So dient dieses Vordach gleichermaßen ästhetischen wie praktischen Zwecken. Noch über dem Dach folgt ein hoher Streifen aus Luxferprismen, die strahlende Helligkeit in die Ladenräume einlassen. Darüber entwickelt sich ein Stockwerk mit breitfenstrigen Büroräumen, nach Bedarf im Innern durch gestrichenem Holz, dickwulstig profiliert, so daß kein kleinlicher Widerspruch zur Kompaktheit des Gesamteindrucks entsteht. Dann folgen Geschosse mit schlanken, gleichförmigen Fenstern, deren Rhythmus, horizontal gebunden, nur vereinzelt durch einen vertikal vortretenden Wandstreifen (Nebentreppen an der Munckel- und an der Vattmannstraße unterbrochen wird. Die Frontecken sind abgerundet und in den drei Hauptgeschossen fensterlos; dadurch wird die stabile Wirkung des Ganzen nicht unwesentlich erhöht. Und endlich folgt an beiden Nebenstraßen dicht unter dem Dachgesims ein massiver Mauerstreifen, dadurch erzielt, daß bei den Büros des obersten Geschosses die Fenster zum Hof hin verlegt wurden. Auch diese Lösung ist ein wertvoller Beitrag zur Gesamtwirkung, indem der ebene Abschluß unter dem flachen Dach den Eindruck eines schwerlastenden Gewichts hervorruft, das imstande ist, den ganzen mächtigen Baukörper zusammenzuhalten. - Am nördlichsten Ende wird der riesige Kubus durch einen Turm über dem Hotelbau überhöht. Die Verlegung dieses Akzents kommt zu besonders reizvoller Wirkung, wenn man von Nordwesten her den Bau betrachtet und die treppenförmige Staffelung des Turmes gegen den Hof hin als wohlüberlegten Aufstieg empfindet, dem an der Straße dann die senkrecht abstürzende steile Turmfassade Antwort gibt. Zu allen äußeren Effekten aber trägt in hohem Maß die Wahl des Baumaterials bei. Dunkelrote Klinker in malerischer Wirkung, in horizontalen Streifen einreihig vorgekragt und zurücktretend in stetem Wechsel, dazwischen gelegentlich glatte Mauerflächen, - endlich die schon erwähnten vertikalen Unterbrechungen der Treppenhäuser in dunkeltoniger Keramik, das alles zusammen ergibt mit den hellen Fenstern und mit den fortwährend sich wandelnden Schattenwirkungen ein so lebendiges Bild, daß man staunen muß, welche Unendlichkeit von farbigen Werten mit einem Mindestmaß von stofflichen Mitteln erzielt werden kann. Von einem Punkt aus erscheint der Bau als äußeres Bild langweilig, und wenn die Sonne auf den Wänden glitzert oder die Dämmerung das Ganze in einen tiefroten Samtton taucht, so ergeben sich für das empfängliche Auge immer neue phantastische Ueberraschungen. - Wenn nun im Innern Einzelheiten, etwa die ebenso zweckmäßigen wie räumlich schönen Zimmer der Stadtbücherei - die vorläufig hier untergebracht wurde - oder das Haupttreppenhaus, dem Burchartz mit musikalisch verteilten Farbflächen zu einer frohen und übersichtlichen Aufteilung verhalf, schon zu bewunderndem Verweilen locken, so bildet doch der große Konzertsaal einen Höhepunkt, der seinesgleichen sucht. Der Besucher tritt von der Straße aus durch farbig heitere Vorräume in Korridore mit gemäßigter Tönung, die - ähnlich wie die Unrast und der Lärm des Alltags, die der Gast von draußen mitbringt, allmählich abebben - den Uebergang bildet auf den festlich großen, in seiner Wirkung wohltuend einfachen und beruhigten Musiksaal. Dieser Raum ist von einer einzigartigen Harmonie. Edles Holz an den Wänden, in den unteren Teilen dunkel, dann heller oben, leitet über zu den rechts und links sich öffnenden Hör-Logen und dem Holzwerk der Decke, das in meisterhaft abgestimmtem Farbanstrich die ernste Stimmung der Tiefe auflöst und ausklingen läßt wie eine Melodie. Man muß bezweifeln, ob Abbildungen oder Zeichnungen oder gar Beschreibungen auch nur annähernd eine Vorstellung vom Ebenmaß dieser Raumgliederung geben können. Steht man aber in diesem Saal, so ist man sofort im Banne seiner künstlerischen Macht. Das Licht, in die Decke versenkt und streifenweise überschnitten von querhängenden Holzflächen, trifft nie direkt das Auge des zum Podium blickenden Konzertbesuchers. Die breite Terrasse der Galerie ist so gebaut, daß jeder Gast den Dirigenten sehen kann. Die Orgel ist hinter einem Lattengitter aufgestellt und verzichtet endlich einmal auf die üblichen Attrappen der Orgelpfeifen. In allen diesen Dingen bemerkt man vollkommen neue Motive der baulichen Gestaltung wie der malerischen Abstimmung, die restlos Hand in Hand gingen. Und daß unten im Saal, den festlich gekleidete Menschen erst reich und bunt erscheinen lassen werden, mit Ueberlegung alle Farbigkeit der Wände abgelehnt wurde, ist die Erfüllung einer Logik, an der die Erbauer von Konzertsälen bisher fast ausnahmslos vorübergingen. Alle künstlerische Wirkung in diesem Hause ist mit den einfachen Mitteln der Materialschönheit erreicht, nirgends ist Zuflucht genommen zum Behelf der dekorativen Zutat oder gar des bildlichen Wandschmuckes. Ruhe und Ernst, Sachlichkeit und feierliche Würde herrschen allenthalben, und ohne jede Trockenheit. Möge die Liebe, die Alfred Fischer in sein Werk bis in die letzten Einzelheiten versenkt hat, Nachhall finden in den Herzen aller derer, die hier weilen werden zum Dienst an der Stadt und an der Wirtschaft und zum Genuß der Kunst, der dieser Saal gewidmet ist! |
Stadtschulrat Winkel, Gelsenkirchen Die Stadt Gelsenkirchen hat das Haus, in dem sie ihrem Kulturwillen einen sichtbaren Ausdruck geben will, Hans-Sachs-Haus genannt. Nicht in einer äußeren Beziehung konnte der Anlaß gegeben sein, dem unhistorischen, ganz aus dem Empfinden der Gegenwart heraus geformten Bau den Namen des Nürnberger Sangesmeisters zu geben. In Hans Sachs und seiner Zeit war jene Einheit des Lebensgefühls verwirklicht, die aus dem Ausgleich zwischen Werktag und Festzeit, zwischen rational gebundener Zwecktätigkeit und seelischer Ausweitung entspringt. Diese Einheit aber ist die noch unerfüllte Sehnsucht unserer Zeit, und so erhebt sich der Bau mit seiner Vereinigung wirtschaftlicher und musischer Zwecke in einer trotzigen und zugleich feierlichen Einheit als das Zeugnis des Ringens um eine neue Lebensform, in der sich das Gegenspiel von Werktag und Festtag in einem einheitlichen Rhythmus vereinigt. Je stärker und ausschließlicher der Werktag beherrscht wird von der sachlichen Zweckmäßigkeit, umsomehr wird ein solcher Ausgleich zur Lebensnotwendigkeit. Niemand bedarf also seiner mehr, als der unter der Herrschaft des in die Form der Maschine gegossenen reinen Zweckgedankens stehende Industriemensch. Nach dem zur Wiedererlangung eines gesunden einheitlichen Lebensgefühls notwendigen Ausgleich sucht die Industriebevölkerung auf Wegen und Irrwegen, solange sie besteht. Nicht durch Erholung an sich wird dieser Ausgleich erreicht; zur Befreiung aus der Enge der rationalen Norm führt nur die Emporhebung der Seele aus sich selbst heraus in der festlichen Erregung. Diese Erhebung der Seele wird am unmittelbarsten bewirkt durch die von der Erdenschwere frei schwebenden Klänge und Rhythmen in der Musik. Daher ist die Musik das stärkste Mittel seelischer Erhebung auf der primitivsten wie auf der höchsten Kulturstufe. In der befreienden Kraft der Musik liegt die Wurzel der Musikliebe des nach Freiheit vom Druck der mechanischen Mächte dürstenden Industriemenschen in allen seinen kulturellen Schichten. In ihr sucht er Erlösung, gleichviel, ob er sich von den lärmenden Klangorgien des mechanischen Musikinstrumentes in dumpfen Sinnesrausch versetzen, ob er sich von den Klängen symphonischer Musik in Enthusiasmus emporheben oder ob er sich durch die sanften Klänge der Kammermusik in stille, beschauliche Versenkung führen läßt. Der Lebensform des Industriemenschen entspricht es, daß er mehr noch als es dem Wesen der Musik an sich schon entspricht, das Bedürfnis hat, ihre Wirkungen in einer Gemeinschaft zu erleben, die von dem gleichen Strom der Erregung getragen, in der erlösenden seelischen Höhe schwebt. So bildet ein besonders geartetes, starkes, elementares Bedürfnis die Grundlage der Musikkultur in den Industriestädten, und es ist daher erklärlich, daß der in ihnen erwachende Kulturwille zuerst auf dem Gebiete der Musikpflege wirksam wird. Das zeigt sich auch in der Entwicklung des Musiklebens in Gelsenkirchen. Dort hatte sich die Schicht der Bevölkerung mit höheren musikalischen Kulturansprüchen über die vielen Vereinsgruppen hinaus, die einer mehr oder minder bescheidenen geselligen Pflege des Gesanges huldigten, ein Organ gemeinsamer ernster Kunstübung in dem Musikverein bereits geschaffen, als im Jahre 1903 die Gründung der Stadt erfolgte. Die von ihm veranstalteten Chorkonzerte bildeten bereits seit 1883 die Hauptereignisse des musikalischen Lebens für die Bevölkerung in und um Gelsenkirchen. Die Stadt begann eine eigene Tätigkeit in der Musikpflege erst im Jahre 1911, indem sie in eigener Regie im Winter 1911/12 acht Sinfoniekonzerte unter Mitwirkung der städtischen Orchester von Essen und Dortmund und im März 1912 ein Kammermusikkonzert veranstaltete. Von Anfang an wurde die Musikpflege der Stadt von dem Grundsatz beherrscht, durch ihre Veranstaltungen erzieherisch zu wirken. Sie machte daher durch kleine Eintrittspreise auch dem Minderbemittelten den Besuch ihrer Veranstaltungen möglich und wurde dafür durch einen außerordentlich regen Besuch und eine Belebung des musikalischen Strebens auch in den privaten musikalischen Vereinigungen belohnt. Schon das Jahr 1913 brachte die Vereinigung der städtischen Veranstaltungen mit denen des Musikvereins in der Form von Volkskonzerten. Von den ernsten Zielen der städtischen Musikpflege zeugt die Gründung eines Fonds zur Einrichtung eines städtischen Orchesters im Jahre 1911, der beim Ausbruch des Krieges bereits auf nahezu 80000 Mk. angewachsen war. Nach der durch den Krieg erzwungenen Unterbrechung belebte sich das Musikleben in Gelsenkirchen erst wieder im Winter des Jahres 1919/20. Wurde auch der in den letzten Jahren vor dem Kriege geschaffene äußere Rahmen nur wenig geändert, so zeigten sich doch schon in diesem Jahre neue Wege der Entwicklung an. Noch mehr als bisher machte sich das Bestreben geltend, die breitesten Volkskreise in die Erziehung zur musikalischen Kultur einzubeziehen. Die von mehr als 5000 Personen besuchten neueingeführten Sinfoniekonzerte zu kleinen Preisen wurden durch Einführungen in ihren Gegenstand - die Entwicklung der Instrumentalmusik von Bach bis zu den Romantikern - in musikpädagogisch mustergültiger Weise vorbereitet. Ein musikalisches Ereignis ersten Ranges war am Ende des Konzertwinters 1919/20 die Aufführung der 11. Mahlerschen "Auferstehungs"sinfonie unter Mitwirkung des städtischen Musikvereins und des neu gegründeten Storsbergchors. Den raschen Aufstieg zu bedeutsamer Leistung verdankt das Gelsenkirchener Musikleben der genialen künstlerischen Tatkraft des damaligen Bochumer städtischen Kapellmeisters Schulz-Dornburg, dessen Persönlichkeit auch in den folgenden Jahren dem musikalischen Streben ihren Stempel aufdrückte. Die Bestrebungen, durch die kleinen Sinfoniekonzerte und die Einführungsabende breitere Volksmassen für den Genuss hoher Kunst reif zu machen, erwiesen sich in den kommenden Jahren als verfrüht und wurden daher mit dem Jahre 1923 wieder aufgegeben. Für die musikalische Volkskultur bedeutsam wurden aber neue Zellen privater Musikpflege. Der Storsbergchor pflegt vor allem den volksmäßigen Liedgesang und das Oratorium in feinster künstlerischer Ausgestaltung. Die Leistungen des erst wenige Jahre wirkenden Volkschores zeigen, daß der rechte Weg zur Emporbildung der bisher abseits musikalischer Kultur stehenden, aber zur Teilnahme drängenden Kreise das Musikerleben in tätigem Nachschaffen ist. In die Arbeit der Männergesangvereine brachte ihr Zusammenschluß im Stadtverbande neues Leben. Im großen musikalischen Leben der Stadt ist dem verheißungsvollen Auftakt im Jahre 1920 eine an Höhepunkten reiche, stetige Aufwärtsentwicklung gefolgt, die auch durch das schwere Schicksal, das Gelsenkirchen während der Ruhrbesetzung zu tragen hatte, nicht gehemmt werden konnte. Im Herbst 1924 brachte die Feier des vierzigjährigen Bestehens des Musikvereins das erste große musikalische Ereignis nach dieser schweren Zeit in der Aufführung der Zilcherschen "Liebesmesse", in der der Chor unter Leitung seines neuen Dirigenten Hans Mehrmann im Verein mit dem städtischen Orchester Bochum sein hohes Können voll entfaltete. In demselben Winter verabschiedete sich Generalmusikdirektor Schulz-Dornburg mit einer glänzenden Interpretation Brucknerscher Kunst von der Gelsenkirchener Musikgemeinde. Reiche künstlerische Erlebnisse vermittelte in diesem Jahre und in der Folgezeit die meisterhafte Dirigentenkunst des Dortmunder Generalmusikdirektors Professor Sieben und sein ausgezeichnetes Philharmonisches Orchester in einer Reihe von glänzenden Sinfoniekonzerten, die nach wie vor den Hauptzug der Gelsenkirchener Musikveranstaltungen darstellen. Im Winter 1925/26 bestätigte eine Aufführung der 1. Sinfonie in E-moll den großen Ruf, den Generalmusikdirektor Max Fiedler, Essen, als Brahms-Dirigent genießt. Mit Bruckners 7. Sinfonie E-dur führte sich am Ende des Winters 1925/26 der Musikdirektor der Stadt Buer, Paul Belker, als Orchesterdirigent ein und übernahm im Herbst 1926 die Leitung des städtischen Musikvereins. Die Aufführung von Händels Oratorium "Jephta" vereinigte unter seiner Leitung zum ersten Male die Chöre der Städte Gelsenkirchen und Buer. Das erste Sinfoniekonzert des Winters 1926/27 gab in einer Bruckner-Erinnerungsfeier dem neuen Bochumer Generalmusikdirektor Professor Leopold Reichwein die Gelegenheit, seine Herrschaft über seine bewährte Künstlerschar zu zeigen. Dem Gedächtnis Ludwig van Beethovens war ein großer Teil der musikalischen Veranstaltungen des Jahres 1926/27 gewidmet. Die "Eroica" unter Max Fiedlers Leitung hinterließ einen unvergeßlichen Eindruck. Neben diesen großen musikalischen Ereignissen tritt die reiche Folge kammermusikalischer Veranstaltungen nur ihrem äußeren Rahmen, nicht aber ihrem musikalischen Werte nach zurück. Diese Abende boten nicht nur dem Freunde intimer Instrumentalmusik erlesene musikalische Genüsse, sie gaben auch Proben klassischer wie moderner, deutscher wie europäischer Liedkunst und schlugen die Brücke zum Verständnis des zeitgenössischen Musikschaffens und seiner Probleme. Hier wie in den kammermusikalischen Morgenfeiern, die im Winter 1926/27 zum ersten Mal veranstaltet wurden, fanden auch die schöpferischen und nachschaffenden Kräfte der Heimat die ihnen gebührende Würdigung. Von einer Reihe der kammermusikalischen Darbietungen gingen stärkste künstlerische Wirkungen aus. Die Namen derjenigen zu nennen, deren Kunst unvergeßliche Eindrücke hinterlassen hat, ist in diesem Rahmen ebenso unmöglich, als des Einzelnen in der glänzenden Reihe von Solisten der Sinfoniekonzerte zu gedenken. Nur durch die feinsinnigste Behandlung des Bühnenbildes war es möglich, die Wirkung der Operngastspiele, die im letzten Spieljahr ausschließlich vom Stadttheater Essen getragen wurden, zu retten. Wenn trotz der beschränkten Bühnenverhältnisse und der für die Oper ungünstigen Akustik des Saales der Stadthalle Werke wie Wagners "Siegfried" eine glückliche, andere anspruchslosere Opern eine begeisterte Aufnahme finden konnten, so stellt das der Kunst der Darsteller ein hervorragendes Zeugnis aus. Freilich wird die Oper auch weiterhin noch eine Aschenbrödelrolle im Gelsenkirchener Kunstleben spielen, bis dem Theater eine würdige Stätte bereitet ist. Das Bild des musikalischen Lebens in Gelsenkirchen zeigt, daß die Stadtverwaltung sich ihrer Aufgabe als Sachwalterin der musikalischen Kulturgüter bewußt gewesen ist. Daß es ihr in verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen ist, durch ihre Veranstaltungen den Sinn für die Kulturwerte der Musik zu wecken und weite Kreise zur musikliebenden Gemeinschaft zusammenzuführen, ist nicht in letzter Linie dem rastlosen, verständnisvollen, auf persönlicher Liebe zur Musik beruhenden Wirken des nunmehr von Gelsenkirchen geschiedenen bisherigen Dezernenten für das städtische Musikwesen, Dr. Gaertner, zu danken. Daß den großen musikalischen Veranstaltungen ein glanzvoller äußerer Rahmen in dem Konzertsaal des Hans-Sachs-Hauses geschaffen ist, bedeutet nicht einen Abschluß, sondern einen Ausgangspunkt für eine weitere, hoffentlich glückliche Entwicklung des musikalischen Lebens. Noch harren Aufgaben, die schon am Anfang der musikalischen Entwicklung klar erkannt wurden, der Lösung. Noch ist nicht eine führende musikalische Persönlichkeit als Träger des Musiklebens der Stadt verpflichtet. Noch bedarf der Boden, auf dem die musikalische Zukunft der Stadt erwachsen soll, einer Auflockerung in der Tiefe durch musikerzieherische Maßnahmen in allen Schulen und allen Schichten der Bevölkerung, damit dem Musikleben junge Talente als frische Kräfte zugeführt werden können. Aus diesem Grunde ist auch die Einrichtung eines Konservatoriums eine der dringlichsten Aufgaben der städtischen Musikpflege. In engem Zusammenhang mit dieser Aufgabe steht die seit 1908 als notwendig anerkannte Gründung eines eigenen Orchesters. Alle diese Zukunftsaufgaben dienen dem bisher erst angebahnten, noch nicht erreichten Ziele, eine bodenständige, aus der Lebensgemeinschaft der Bürger erwachsende Musikkultur in Gelsenkirchen zu schaffen. Soweit die Enge der räumlichen Verhältnisse diesem Ziele im Wege stand, ist jetzt die Bahn zu einer weiteren Entwicklung frei. Auch die noch bestehenden Hemmnisse werden überwunden werden, wenn die Gelsenkirchener Bevölkerung sich bewußt bleibt, daß Musikpflege kein Luxus, sondern eine ernste Kulturaufgabe ist, daß Musikkultur die Glücksfähigkeit des Einzelnen vermehrt und das Gemeinschaftsleben in seinen Höhepunkten zu veredeln berufen ist. |
Oberingenieur Dr. Ing. Herbert Briefs, Gelsenkirchen Nachdem die Stadt Gelsenkirchen im Hans-Sachs-Haus einen Konzertsaal großen Ausmaßes geschaffen, welcher dem musikalischen Leben unserer Stadt einen würdigen Rahmen verleihen soll, bestand auch das Bedürfnis nach einer Konzertorgel, die in ihren Größenverhältnissen dem Saal angepaßt war und durch ihren Aufbau und ihre klanglichen Möglichkeiten allen musikalischen Wünschen in vollkommener Weise gerecht zu werden vermochte. Der Bau des Instrumentes wurde der größten deutschen Orgelbauanstalt E. F. Walcker & Co., Ludwigsburg, übertragen, aus deren Werkstatt die Orgel als Opus 2150 hervorgegangen ist. Für die Durcharbeitung aller Einzelfragen zwischen der Erbauerin und den von der Stadt berufenen Sachverständigen stand etwa ein Jahr zur Verfügung. Da sowohl die Erkenntnisse und Erfahrungen berücksichtigt worden sind, welche das Studium klangschöner alter Orgeln der Bach'schen und Vor-Bach'schen Zeit ergab, wie auch alle künstlerisch wertvollen Errungenschaften der neueren Orgelbaukunst, so dürfte ein näheres Eingehen auf die Gesichtspunkte, nach welchen der Aufbau des Instrumentes entworfen worden ist, auch für weitere Kreise von Interesse sein. Welches sind die Aufgaben einer Konzertorgel? Sie sind in der Hauptsache zweierlei Art: 1. ZUSAMMENWIRKEN MIT ORCHESTER UND CHOR. Für diesen Zweck muß das Instrument eine genügende Größe, Fülle und Tragfähigkeit des Klanges besitzen. Wenn man bedenkt, daß bei Oratorien von Bach und Händel zu einem Orchester von 60 bis 80 Musikern Chöre von 200 bis 300 Stimmen hinzutreten, eine Zahl, welche sich bei modernen Chorwerken noch ganz wesentlich erhöht, und wenn dann die Aufgabe der Orgel nicht darin bestehen soll, in der Klangmasse unterzugehen, sondern vielmehr zu führen, das Ganze zu beherrschen und dem Gesamtklang den letzten festlichen Glanz zu verleihen, so darf sie nicht zu klein bemessen sein; sie muß durch Weichheit und Fülle mit dem übrigen Tonkörper verschmelzen, durch die Klarheit ihrer Stimmen den Chor führen und durch eine ausgiebige Baßwirkung (Pedalstimmen) die Grundlage des Gesamtklanges abgeben. 2. DIE VERWENDUNG ALS SOLO-INSTRUMENT. Sie muß bei dem ungeheuren Reichtum an wertvoller Orgelliteratur von vier Jahrhunderten, einem Reichtum, von welchem sich der Fernerstehende kaum einen Begriff macht, in weitaus stärkerem Maße als bisher in Betracht kommen. Dazu ist aber erforderlich, daß das Instrument sowohl in seinen Einzelstimmen wie in seiner Gesamtwirkung zur Wiedergabe aller Stilrichtungen geeignet ist. Es muß zugegeben werden, daß die in den vergangenen Jahrzehnten gebauten Kirchen- und Konzertorgeln, von nicht allzu zahlreichen Ausnahmen abgesehen, für eine vorbildliche Wiedergabe polyphoner Musik wenig geeignet sind. Der aufmerksame Zuhörer wird sich kaum des Eindrucks erwehren können, daß der Klang zu dick und massig ist, um die Struktur und Linienführung der Komposition wirklich klar erkennen zu lassen, und daß das "Volle Werk" durch seine Schärfe oft kaum zu ertragen ist. So ist es zu erklären, daß ein großer Teil des Publikums zu solchen Darbietungen bisher nicht die rechte innere Verbindung zu gewinnen vermochte. Wer dagegen einmal polyphone Musik auf einer gut erhaltenen deutschen Orgel des 17. Jahrhunderts gehört hat, der wird überrascht und beglückt gewesen sein von der unbedingten Klarheit und Schönheit der Stimmenführung sowie dem geschlossenen, weichen und leuchtenden Tutti solcher Instrumente. Er wird dabei die Empfindung gehabt haben, daß die Orgel keineswegs die Kopie eines großen Orchesters sein soll, sondern daß in ihrem eigene Wege gehenden Farbenreichtum ihre besondere Stärke liegt. Es ist zu begrüßen, daß unsere Orgel gerade jetzt und nicht schon einige Jahre früher gebaut wurde, denn besonders in den letzten Jahren hat sich die Orgelbauforschung wieder besonders eingehend mit den alten Instrumenten und den Ursachen ihrer klanglichen Vollkommenheit beschäftigt. Der Niederschlag dieser Studien ist vornehmlich in dem Bericht über die Freiburger Tagung für Deutsche Orgelkunst 1926 erfolgt (Bärenreiter-Verlag Augsburg), die praktische Auswirkung erstmalig in der Walcker-Orgel des Saalbaues zu Recklinghausen und der Orgel der Göttinger Marienkirche, erbaut von Furtwängler & Hammer, beide vollendet 1926. So konnten die neuesten theoretischen und praktischen Erkenntnisse dem Entwurf unserer Orgel in vollem Umfange zugute kommen. Die klanglichen Vorzüge der alten Orgeln liegen in der wohldurchdachten Auswahl und Mensurierung ihrer Labialpfeifen begründet. Hierüber einige kurze Vorbemerkungen. Eine Orgelpfeife klingt umso voller, weicher und grundtöniger, je weiter sie im Verhältnis zu ihrer Länge bemessen ist ("weite Mensur") und mit je niedrigerem Winddruck sie angeblasen wird. Solche Pfeifen betonen den Grundton und sind fast frei von Obertönen. Demgegenüber besitzen Pfeifen mit "enger Mensur", besonders bei erhöhtem Winddruck, einen obertonreichen, scharfen, oft gequälten Klang, welcher zu einem wirklich befriedigenden Gesamtklang meist nicht verschmilzt. Orgeln, ausschließlich besetzt mit Pfeifen von weiter Mensur, würden also sehr voll, weich und einheitlich im Klang sein, aber mangels Obertönen den strahlenden Glanz, der bekanntlich erst durch die Obertöne erzielt wird, vermissen lassen. Deshalb bediente sich der alte Orgelbau zur Erzielung von Licht und Klarheit in überaus reichem Maße eines Mittels, das er künstlerisch beherrschte. Er fügte eine Reihe von weitmensurierten kleinen Pfeifen hinzu, welche die fehlenden Obertöne einfach selbst als Grundton anblasen und bei glücklicher Intonation mit dem übrigen Klangkörper vollkommen verschmelzen; diese Pfeifen wurden zum Teil als Einzelregister aufgestellt ("Einzelaliquotstimmen"), teils zu mehreren als Chöre zusammengefaßt ("Mixturen"). In der weisen Beschränkung auf wenige weitmensurierte Grundstimmen und der reichlichen Verwendung künstlerisch intonierter Obertonregister (Aliquote und Mixturen) liegt: das Geheimnis des Wohlklanges der alten Instrumente. Später, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, ging der Orgelbau unter dem Einfluß des Orchesterklangideales von diesem Wege ab und bevorzugte enge Mensuren und erhöhten Winddruck; die Kunst, wohlklingende Mixturen zu bauen, ging zum Teil verloren. Das Ergebnis war nicht mehr Weichheit, Fülle und Klarheit, sondern Dickflüssigkeit, Härte und nicht befriedigende Klangverschmelzung. Wenn diese Nachteile bei unserer Orgel vermieden werden sollten, so war der einzuschlagende Weg grundsätzlich vorgezeichnet und ist nunmehr ohne weiteres verständlich: keine Anhäufung ähnlich klingender Grundstimmen, weitgehende Beschränkung in der Auswahl engmensurierter Register (ganz kann und soll man sie nicht entbehren), Anwendung weiter Mensuren bei mäßigem Winddruck, reiche Auswahl von Obertonregistern und künstlerisch intonierten Mixturen, schließlich noch Ergänzung durch eine genügende Anzahl vornehm klingender Zungenstimmen. Wesentlich ist ferner noch folgender Gesichtspunkt: Jede, auch die kleinste Orgel, soll mindestens zwei Klaviaturen für die Hände ("Manuale") besitzen, um das Spiel mehrerer Klangkomplexe gegeneinander oder gegen eine durchlaufende Melodie (cantus firmus) zu ermöglichen; größere Instrumente besitzen drei bis fünf Manuale. In den letzten Jahrzehnten verteilte man die klingenden Stimmen in der Weise, daß die Manuale sich lediglich in der Klangstärke voneinander unterschieden, d. h. die oberen Manuale besaßen die schwachen Register und waren demnach nur das Echo der unteren, stärkeren Manuale. Ein Gegeneinanderspielen z. B. eines cantus firmus gegen eine gleich starke, aber anders gefärbte Gegenstimme war kaum möglich. Die gute deutsche Orgel früherer Jahrhunderte war aber so disponiert, daß die einzelnen Klaviere sich vornehmlich durch ihre Klangfarbe von einander unterschieden. Hierdurch ist eine unverschleierte Gegensatzwirkung ermöglicht und eine Offenbarung des geistigen Gehaltes der Komposition, welche sich auch dem ungeübten Hörer mit vollkommener Deutlichkeit aufdrängt. Auch bei der Orgel des Hans-Sachs-Hauses ist dieser Gedankengang, die Unterscheidung der einzelnen Manuale weniger nach Klangstärke als nach Klangfarbe, weitgehend berücksichtigt worden. DISPOSITION DER ORGEL. Die Orgel hat 91 Register, welche sich auf 4 Manuale und 1 Peda! verteilen. Vom vierten (obersten) Manual wird nicht allein das auf dem 16-Fuß-Ton (Unteroktavlage) aufgebaute Bombardemanual gespielt, sondern durch einfache Fußhebelumschaltung auch das Fernwerk; bei dieser Umschaltung verstummt automatisch das Pedal der Hauptorgel, und es erklingen die entsprechenden Pedalstimmen im Fernwerk. Über die Klangfarbe der einzelnen Manuale und ihre Besetzung gibt nachstehende Aufstellung Aufschluß: I. MANUAL: Voller, weicher, durchsichtiger Grundklang: die 15 Register dieses
Manuals sind zum großen Teil nach dem Vorbild des bedeutendsten, zu Bachs Zeiten
lebenden Orgelbauers Gottfr. Silbermann (1683-1753) intoniert. Um auch die durch ihren mehr kammermusikalischen Aufbau bemerkenswerte, musikalisch meist außerordentlich wertvolle Vor-Bach'sche Orgelmusik (Frühbarock), für welche sich in den letzten Jahren ein andauernd steigendes Interesse bemerkbar macht, stilecht spielen zu können, sind 11 Register der Orgel zum Teil nach den Angaben des um 1600 lebenden Musik- und Orgelgelehrten Prätorius, zum Teil nach den entsprechenden alten Registern der Johanniskirche zu Lüneburg gebaut. Die Wiederbelebung dieser alten Stimmen ist erst vor einigen Jahren erfolgt, den Anstoß hierzu gab die von der Firma Walcker auf Anregung von Professor Gurlitt für das Freiburger musikwissenschaftliche Institut erbaute Prätorius-Orgel. Wer einmal Gelegenheit gehabt hat, diese alten Register zu hören, wird sich ihrem Klangzauber nicht haben entziehen können und wird sich vielleicht gefragt haben, weshalb der Orgelbau von der Herstellung dieser wundervollen Stimmen jemals abgegangen ist. Es hat sich aber gezeigt, daß diese alten Stimmen sich auch für moderne Orgelmusik (Reger) wegen ihrer ganz typischen Klangfarbe ganz vorzüglich eignen. Es wird hierdurch die Orgel als Solo-Instrument in ihrem Farbenreichtum in ungeahnter Weise bereichert. 14 Register, wie oben erwähnt, meist dem ersten Manual angehörend, sind nach Gottfried Silbermann, dem bedeutenden Zeitgenossen Bachs und einem der besten Orgelbaukünstler aller Zeiten, intoniert. Zur besseren dynamischen Beweglichkeit des Klanges sind die Register des 2., 3., 4. Manuals und des Fernwerks in je einem Schwellkasten mit beweglichen Jalousien eingeschlossen; die Stimmen des Hauptmanuals (I), sowie die starken Stimmen des Pedals stehen dagegen frei, damit sich ihr Klang ungehindert entfalten kann. Zur weiteren günstigen Beeinflussung der Tonentwicklung wurde von vornherein ein sehr geräumiger, als mustergültig hinzustellender Orgelraum geschaffen, welcher so hoch gelegen ist, daß der Klang ungehindert über Chor und Orchester hinwegfließen kann; ferner wurde auf den üblichen Pfeifenprospekt (Tonfresser!) verzichtet und statt dessen der Abschluß des Orgelraumes gegen den Saal durch horizontale, feststehende Jalousien von genügend weitem Abstand bewirkt. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Orgel des Hans-Sachs-Hauses durch Auswahl, Mensurierung und Verteilung ihrer klingenden Stimmen jedem musikalischen Bedürfnis gerecht zu werden in der Lage ist; die Musik des 17. Jahrhunderts wird auf ihr ebenso stilecht vorgetragen werden können, wie die Werke der modernen Komponisten. DER SPIELTISCH. Der Spieltisch ist in seiner Wirkungsweise rein elektrisch, alle Betätigungen beim Herunterdrücken der Tasten, bei der Bedienung der Registerzüge und Druckknöpfe erfolgen nach dem Prinzip des Telegraphen. Die Verbindungsdrähte zwischen Spieltisch und Orgel sind zu einem starken, biegsamen Kabel zusammengefasst, wodurch der für Konzertzwecke unschätzbare Vorteil gegeben ist, den Spieltisch an jeder beliebigen Stelle des Podiums und (bei szenischen Aufführungen) auch im Saal aufstellen zu können. Bei dem Zusammenwirken mit Chor und Orchester wird der Organist nicht mehr auf den Notbehelf einer Verständigung durch Spiegel angewiesen sein, sondern sitzt direkt vor dem Dirigenten; bei Solovorträgen wird der Spieltisch da stehen, wo bei Klavierabenden der Flügel zu stehen pflegt, sodaß ein unmittelbarer Kontakt zwischen Spieler und Hörer möglich ist. Der Strom für die sogenannte "elektrische Traktur" wird durch eine kleine Schwachstrommaschine erzeugt, welcher eine zweite als Reserve beigegeben ist. In der Mitte des Spieltisches liegen die vier Manualklaviaturen terrassenförmig übereinander, zu welchen unten als fünfte Klaviatur das Pedal hinzutritt. Der Umfang der Manuale geht von C bis c'''', derjenige des Pedals von C bis ''. Die Registerzüge für die klingenden Stimmen sind als Kipptasten ausgebildet und liegen teils zu beiden Seiten der Klaviaturen, teils in der Mitte darüber. An wertvollen Hilfseinrichtungen besitzt der Spieltisch u. a. vier "freie Kombinationen": über jeder Registertaste liegen nämlich vier kleine, verschiedenfarbige Zugknöpfchen, mit welchen sich der Spieler vorher vier verschiedene Registerkombinationen einstellen kann. Dieselben treten abwechselnd und erst dann in Kraft, wenn ein entsprechender Druckknopf gleicher Farbe unterhalb des ersten Manuals betätigt wird, was während des Spieles ohne weiteres möglich ist. Man ist also in der Lage, sich die wichtigsten Kombinationen eines Konzertvortrages vorher vorzubereiten, wodurch Stockungen und überlange Pausen in den Vorträgen selbst vermieden werden. Als Knöpfe zwischen den Manualen bezw. als Fußtritte sind die "Koppeln" ausgebildet, mit welchen der Spieler die Stimmen mehrerer Manuale, sowie diejenigen der Manuale und des Pedals miteinander verkoppeln kann, eine ungeheure Bereicherung der klanglichen Möglichkeiten. Ferner wird mit dem Fuß die sogenannte "Registerwalze" bedient, durch deren Drehung die gesamten klingenden Stimmen der Orgel in wohlgeordneter Reihenfolge nacheinander ein- und ausgeschaltet werden können, sodaß ein gewaltiges Crescendo bzw. Decrescendo ermöglicht wird. Rechts von der Registerwalze liegen die "Schwelltritte" zum Offnen und Schließen der Schwelljalousien. Erwähnenswert ist ferner eine "automatische Pedalumschaltung", durch welche sich die Pedalklangfarbe selbsttätig auf eine neue, vorher einstellbare und einem anderen Manual angepaßte Klangfarbe ändert, sobald der Spieler auch nur EINE Taste dieses Manuals berührt. Zur schnelleren Registrierung dienen ferner noch sogenannte "Abstoßer", welche eine eingestellte Kombination mit EINER Bewegung wieder auflösen. Etwas grundsätzlich Neues hat der Spieltisch in der Wirkungsweise seiner Hilfseinrichtungen erhalten; sie wirken alle - nach dem System Jung- "positiv". Darunter ist folgendes zu verstehen: für den Spieler besteht während eines Vertrages häufig die Notwendigkeit, gewisse Stimmgruppen abzuschalten, z. B. die 16'-Stimmen, die Zungenstimmen, die Registerwalze usw. Hierfür hat man bisher "Absteller" gebaut, Druckknöpfe, welche beim Hineindrücken eine abstellende, also negative Wirkung haben. Wenn man nun bedenkt, daß die meisten anderen Spielhilfen "positiv" wirken, d. h. beim Hineindrücken eine hinzufügende Wirkung haben, so ergab sich für die bisherigen Spieltische, besonders bei großen Orgeln, immerhin die Gefahr einer Unübersichtlichkeit insofern, als der Spieler gleichzeitig Spielhilfen mit positiver und negativer Wirkung vorfand. Dieser Mißstand ist bei dem Spieltisch der Hans-Sachs-Haus-Orgel beseitigt, alle Betätigungen wirken in EINER Richtung. Die Durchführung dieses Grundsatzes sei deshalb besonders betont, weil es u. W. DAS ERSTE MAL ist, daß in einer deutschen KONZERTORGEL dieses Einheitsprinzip vollkommen konsequent zur Anwendung gelangt ist. Die Firma Walcker hat es in Berlin an zwei Kirchenorgeln sowie einer Orgel in Privatbesitz bereits angewandt, wo es die lebhafte Zustimmung aller Fachkreise gefunden hat. Mit diesen Ausführungen sind im wesentlichen diejenigen Einzelheiten, welche auch für den dem Orgelbau fernstehenden Musikliebhaber verständlich und wissenswert sein dürften, dargelegt. Es sollte vor allem gezeigt werden, zu welchen Erkenntnissen und Leitgedanken die moderne Orgelbauforschung gelangt ist und in welcher Weise dieselben dem Entwurf und Aufbau der Hans-Sachs-Haus-Orgel zugrunde gelegt worden sind, damit sie nicht ein Durchschnittsinstrument, sondern ein erstklassiges Kunstwerk werde. Die am Bau des Instrumentes Beteiligten haben den Wunsch, daß diese Orgel mit ihrem unerschöpflichen und alle Stilrichtungen umfassenden Klangfarbenreichtum als unentbehrliches Glied des Musiklebens der Stadt Gelsenkirchen allen Musikfreunden beglückende Stunden vermitteln und dem viel zu wenig bekannten Schatz an wertvoller Orgelmusik zur verdienten Wiederbelebung verhelfen möge.
|